2024/03/06, Tag 614 (1a 8m 5d),
Teilstrecke: 89,3 km,
Gesamtstrecke: 10.786,2 km

Heute setzten wir unsere Fahrt zur vietnamesisch-kambodschanischen Grenze fort. Seit gestern befuhren wir die Umgehungsstraße um Ho-Chi-Minh-Stadt. Trotz unseres frühen Aufbruchs gerieten wir mitten in den morgendlichen Berufsverkehr. Auf der teilweise achtspurigen Straße fahren hauptsächlich LKW und Kleinkrafträder aller Art. Das Hupkonzert ist infernalisch. Jeder ist in Eile und will als Erster an der Ampel stehen. Dieses Chaos ist nichts für unerfahrene Europäer. Seit wir in Indien unterwegs waren, kann uns jedoch so schnell nichts aus der Ruhe bringen.

Kein Fahrer eines auf eine Straße einbiegenden Mopeds kümmert sich darum, ob er andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet oder ob man ihm ausweichen kann, er guckt nicht einmal. Man scheint das hinzunehmen, wahrscheinlich weil sich alle so verhalten. Ständig ist volle Konzentration gefragt, nicht nur wegen der tiefen Schlaglöcher oder den in die Straße hineinragenden Sonnenschirmen in Kopfhöhe. Plötzlich kann aus dem Nichts ein Falschfahrer auftauchen. Hätten wir hier die in deutschen Fahrschulen gelehrte Regel befolgt, dass auf mehrspurigen Straßen so gefahren werden soll, dass innerhalb der Sichtweite bis zum Stillstand gebremst werden kann, wären wir in Vietnam nicht weit gekommen. Die rechte Fahrspur von drei Richtungsfahrspuren ist, oft auch entsprechend beschildert, Zweirädern und Kleinst-LKW vorbehalten. Wer meint, eine Fahrspur wäre für die Zweiradfahrer mehr als genug, dem sei gesagt, dass in Vietnam die Mopeddichte um ein Vielfaches höher ist als in Europa. Mopedfahrer betrachten hier einen Sicherheitsabstand von 5 cm als ausreichend. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Mopedbreite ganz rechts auf der rechten Fahrspur ständig für die vielen Geisterfahrer freizuhalten ist. Die Geisterfahrer werden von den anderen Verkehrsteilnehmern und der Polizei toleriert; was wurden auch diese unüberwindlichen Barrieren zwischen den Richtungsfahrbahnen gebaut, da ist man doch gezwungen auf der falschen Seite zu fahren, um unzumutbare Umwege zu vermeiden. Auf den beiden linken Spuren donnern die großen, ständig hupenden LKW vorbei. Kritisch wird es dadurch, dass die rechte Spur oft zugeparkt ist, wodurch wir auf die von den LKW beanspruchte Spur ausweichen müssen. Es ist dann jedes Mal abzuschätzen, ob die LKW weit genug ausweichen können. Das ist bereits kritisch genug. Gefährlich wird es immer dann, wenn beim Passieren der den rechten Fahrstreifen zuparkenden Fahrzeuge plötzlich ein Geisterfahrer vor einem auftaucht und erwartet, dass man noch weiter nach links ausweicht.

In Deutschland werden an wildreichen Straßen als Mahnung die Stellen markiert, an denen es zu Wildunfällen gekommen ist. Die Entsprechung in Vietnam sind die vielen mit weißer Farbe gesprühten Markierungen von Unfallfahrzeugen und Unfallopfern auf dem Asphalt. Teilweise verraten dunkle Flecken noch ehemalige Blutlachen. Das scheint die Vietnamesen jedoch nicht sehr zu beeindrucken – oder wäre es sonst noch schlimmer? Abends sind wir uns immer bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, dass wir den Tag unfallfrei überstanden haben.

Gestern waren es 30 km und heute anfangs weitere 20 km, die wir so bewältigen mussten. Danach wurde der Verkehr etwas weniger und wir musste nicht mehr so konzentriert radeln.

Auch heute nahmen wir uns die Zeit für Pausen, genossen Cà phê sữa đá, den vietnamesischen Eiskaffee, Zuckerrohrsaft und schmackhafte Speisen zum Frühstück und Mittagessen.

Am frühen Nachmittag erreichten wir unser Tagesziel und werden nach drei anstrengenden Fahrtagen einen Ruhetag einlegen.

Aufnahmedatum 06/03/2024


Unterkünfte

04.03.2024 16:57
04.03.2024 16:57
05.03.2024 14:35
05.03.2024 14:35
06.03.2024 15:07
06.03.2024 15:07
08.03.2024 15:49
08.03.2024 15:49