2023/05/14, Tag 317 (10m 13d),
Teilstrecke: 0 km,
Gesamtstrecke: 4.961,0 km

Auch wenn wir noch nicht weitergefahren sind, gibt es einiges zu berichten. Wir hatten Chennai wegen seines großen Flughafens als Stützpunkt gewählt. Von hier konnten Dagmar nach Deutschland und Diez zur Erfüllung der Visumsbedingungen nach Sri Lanka fliegen. Diez verließ Indien um 1:00 Uhr am 27. April. Das Flugzeug mit Dagmar startete drei Stunden vorher. Sie reiste, obwohl sie mehr als einen Monat in Deutschland bleiben wird, nur mit Handgepäck. Die für Deutschland erforderliche wärmere Kleidung und feste Schuhe musste sie ohnehin erst aus unserem Selfstorage in Hannover holen.

Dagmars Flug mit Umsteigen und dem gut dreistündigen Aufenthalt in Dubai verlief problemlos. Größere Sorgen hatten wir uns ohnehin nicht wegen des Fluges, sondern wegen der sog. Warnstreiks bei der Bahn gemacht. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir problemlos um die halbe Welt reisen, um in Deutschland auf Schwierigkeiten beim Weitertransport zu stoßen. Doch sie hatte Glück, denn die Gewerkschaft verzichtete am Tag ihrer Ankunft in Deutschland darauf, mit einem weiteren Streik die Bevölkerung in der ebenso verbreiteten wie selbst in streiklosen Zeiten berechtigten Einschätzung zu bestärken, dass die Bahn unzuverlässig ist. Die Gewerkschaft will offensichtlich die Absicht der Bundesregierung, Menschen durch das hochsubventionierte Deutschland-Ticket von den Vorzügen der Bahn – welche auch immer das sein sollen – zu überzeugen, mit Macht torpedieren.

In Hannover hatten wir für Dagmar ein Apartment über Airbnb gebucht. Die Unterkunft und vor allem die Gastgeberin sind im Portal extrem gut bewertet und was Dagmar vorfand, bestätigte voll und ganz die Richtigkeit der Bewertung. Besser hätte sie es wohl nicht antreffen können. In den ersten Tagen arbeitete sie etliche der Termine ihrer Routinechecks bei den Ärzten ab. Vom 5. bis 7. Mai fand diesmal in Aachen das jährliche Treffen von Freunden statt, die sich während der Studienzeit in der Studentenverbindung kennengelernt hatten. Ohne Auto zum Reisen in Deutschland auf die Bahn angewiesen, hatte Dagmar auch während dieser Reise Glück, nicht von einem der Bahnstreiks getroffen worden zu sein.

Das durch den schließlich kurzfristig ausgesetzten 50-Stunden-(Warn-)Streik hervorgerufene Chaos erwischte sie jedoch während der Reise anlässlich des Meisterschultreffens in Düsseldorf, zu dem sie am 12. Mai angereist war. Sie besucht im Anschluss eine Freundin in der Nähe von Gummersbach und wollte ursprünglich am 16. Mai nach Hannover zurückreisen. Während ihres Aufenthalts in Düsseldorf überraschte sie die Nachricht vom bis zum einschließlich 16. Mai geplanten Streik. Der hätte, wie die Bahn mitteilte, den gesamten Fernverkehr lahmlegen sollen. Eine Nutzung des für den 16. Mai gebuchten Tickets an den Tagen nach dem Streik lehnte die Bahn zunächst ab. Nachdem geklärt war, dass Dagmar bei ihrer Freundin noch eine weitere Nacht bleiben kann, wurde daher ein neues Ticket für den 17. Mai gebucht. Wir sind gespannt, wieviel Aufwand wir betreiben müssen, die in einem mitgeschnittenen Video von einem Bahnsprecher zugesicherte Erstattung für das für den 16. Mai gültige Ticket zu erhalten.

Diez hatte in Colombo bis zum Rückflug nach Chennai mehr als elf Stunden Aufenthalt. Geplant hatte er, während dieser Zeit, wie beim letzten Kurztrip nach Muscat, im Transitbereich des Flughafens zu bleiben. Das hätte ihm den Prozess der Immigration und das entsprechende Visum für Sri Lanka erspart. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass er die Bordkarte für den Rückflug bekommen hätte. Für den Hinflug konnte er die Bordkarte bereits relativ lange vor dem Flug ausdrucken lassen. Für den Rückflug wird dieser Service nicht angeboten. Auch seine Bitte, ihm bereits beim Check-in in Chennai die Bordkarte für den Rückflug auszudrucken, wurde nicht erfüllt. Seine Hoffnung war anschließend, ähnlich wie in Muscat, die Bordkarte am Transitschalter des Flughafens in Colombo ausgehändigt zu bekommen, eingecheckt für den Rückflug hatte er schließlich bereits über das Internet in Chennai. Einen Transitschalter gibt es auch in Colombo. Dort erklärte man ihm jedoch, dass dort keine Bordkarten für Budget-Airlines wie die von Diez genutzte IndiGo ausgedruckt würden. Nach längerer Suche machte Diez schließlich zwei Mitarbeiter von IndiGo ausfindig, von denen er eine Lösung seines Problems forderte. Mit zahlreichen Argumenten, die Diez sämtlich widerlegte, versuchten sie, ihre Airline als nicht verantwortlich dafür darzustellen, dass Diez den Transitbereich zu verlassen habe, um die Bordkarte im Abflugbereich des Flughafens zu erhalten. IndiGo ist dafür verantwortlich, dass aus Kostengründen darauf verzichtet wird, den Transitschalter mit dem Ausdrucken ihrer Bordkarten zu beauftragen. Das als letzte Möglichkeit gesehene Abrufen einer elektronischen Bordkarte von der IndiGo-Webseite funktioniert zumindest in Colombo nicht. Damit stand fest, dass Diez den Transitbereich verlassen musste, um im Abflugbereich an die Bordkarte zu kommen. Diez meinte, sich auf diesen Fall dadurch vorbereitet zu haben, dass er sich lange vorher ein kostenfreies Transitvisum für Sri Lanka hatte ausstellen lassen. Der Mann von der Immigration weigerte sich jedoch, ihn mit diesem Visum den Transitbereich verlassen zu lassen. Er behauptete, es würde sich nicht um einen Transit handeln, wenn Start- und Zielflughafen der Reise identisch wäre. Die Sache wurde noch unangenehmer, als er Diez eröffnete, er benötige ein On-Arrival-Visum für 60 US$. Alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft habend, wandte sich Diez klagend an den Schalter, an dem das Visum zu kaufen ist. Er stieß wohl zufällig auf den Leiter der Visumsstelle, denn nach einer entsprechenden Verhandlung bekam Diez das benötigte Visum zum ermäßigten Preis von 40 US$. Das nächste Mal werden wir wohl mit einer etablierten Fluglinie, die Bordkarten am Transitschalter ausgeben lässt, kostengünstiger unsere Visumsbestimmungen erfüllen können.

Einen hohen Betrag der amerikanischen Währung, von dem Diez die 40 US$ bezahlen konnte, hatte er für den Trip mitgenommen. Er wollte nicht wie während des vorangegangenen Kurztrips nach Sri Lanka am 28. Februar 2018 zunächst die Bordkarte verweigert bekommen, weil die Fluglinie befürchtet, sie müsse seinen Rücktransport übernehmen. Dies droht Airlines, wenn das Zielland einem ankommenden Fluggast, der über keine ausreichenden Mittel verfügt, um z. B. seine Wiederausreise zu finanzieren, oder der kein Weiterreiseticket vorweisen kann, die Einreise verweigert. Dabei sind wir bei den vielen Einreisen noch nie aufgefordert worden, ein Weiterreiseticket oder ausreichende finanzielle Mittel nachzuweisen.

Fluggästen deutscher Airlines würde es wie mir beim Flug von Colombo nach Chennai sicher auffallen, wenn sie sich auf einmal in einer Reihe 13 sitzend wiederfinden. Eine so nummerierte Reihe gibt es bei deutschen Unternehmen ebenso wenig wie es in den meisten Hotels, die hoch genug sind, eine Etage gibt, die als 13. ausgewiesen ist. Von Fluggästen, die Angst davor haben, in der Reihe mit der angeblichen Unglückszahl zu sitzen, wäre interessant zu erfahren, was sie befürchten. Dass nur die 13. Reihe ihres Flugzeugs abstürzt, während die Mitreisenden in den Reihen vor oder hinter ihnen davon nichts mitbekommen oder meinen sie, nur den Passagieren in der 13. Reihe würden in Turbulenzen geraten oder nur sie würden verspätet landen? Aber ich höre bereits den Einwand, meine Schwierigkeiten mit der Bordkarte in Colombo würden nur darauf zurückzuführen sein, dass ich so leichtsinnig war, mich in die 13. Reihe setzen zu lassen, dass musste ja Unglück bringen …

Diez vertreibt sich die Zeit in Chennai mit etlichen administrativen Tätigkeiten und viel Schriftverkehr. Die Temperaturen, heute lag sie im Maximum wieder oberhalb von 40 Grad, laden ohnehin nicht zum Verweilen im Freien ein, ganz abgesehen davon, dass die nähere Umgebung keine Grünflächen bietet. Der Gang zum Mittagessen und Einkaufen ist oft die einzige Zeit, die er außerhalb des klimatisierten Zimmers verbringt. Zur Aufrechterhaltung der Fitness muss eine morgendliche Runde mit Gabi Fastner genügen. Deren 35-Minuten-Videoprogramm hatten wir bereits in Dannenberg regelmäßig absolviert. Der lange Aufenthalt ermöglicht Diez, Seiten des indischen Alltags kennenzulernen, die während eines nur ein- oder zweitägigen Stopps meist unbeachtet bleiben: Wie gut das familiäre und nachbarschaftliche Gefüge ausgeprägt ist, wie flexibel die Menschen Widrigkeiten des Alltags meistern und welche Rolle die Religion im täglichen Leben spielt. Letzteres kann er durch die Nähe zum Tempel vor dem Fenster unserer Unterkunft gut verfolgen. Was im Unterschied zu Deutschland besonders auffällt, ist, dass soziale Normen nicht nur existieren, sondern wie selbstverständlich befolgt werden. Man begegnet einander freundlich, grüßt wie selbstverständlich auch uns Ausländer. Das erinnert uns an einen Bericht über zwei Beobachtungen, die eine in Deutschland, wo einem Ausländer erklärt wurde, er dürfe sich über seine schlechte Behandlung nicht wundern, er sei doch nur Gast, und die andere im Ausland, wo dem Autor seine Vorzugsbehandlung damit erklärt wurde, er sei schließlich Gast. Treffender kann man den Unterschied nicht verdeutlichen. Wir haben hier noch keine Folgen mutwilliger Sachbeschädigungen an öffentlichem oder privatem Eigentum gesehen. Während Graffiti in Deutschland fast nur noch auffällt, wenn sie z. B. von Banksy stammen, sind sie hier unbekannt. Die auffällig vielen Gelegenheiten, die nicht für einen Diebstahl genutzt werden, überraschen und erfreuen denjenigen, der gelernt hat hinzunehmen, dass in Deutschland überall alles gegen Entwendung und Sachbeschädigung gesichert werden muss. Vandalismus wie in Deutschland ist hier offensichtlich kein Thema. Hier sind z. B. Sicherungen für die Stromversorgung der Häuser und Straßenzüge für jedermann zugänglich. In Deutschland undenkbar, denn zu viele würden sich einen vermeintlichen Spaß aus der Unterbrechung der Stromversorgung machen. Erst wenn man solch eine intakte Gesellschaft erlebt hat, wird bewusst, was in Deutschland schiefläuft. Das verstellt nicht den immer feiner werdenden Blick auf zahlreiche Felder mit Verbesserungsbedarf, mit denen dieses Schwellenland zu kämpfen hat. Die werden jedoch mit bewundernswertem Pragmatismus und Einfallsreichtum angegangen und wenn es nicht anders geht, mit Geduld ertragen. Wahrscheinlich ist das die Folge, dass hier, anders als in Deutschland, kein übersorgender Staat jede Eigeninitiative überflüssig macht, in vielen Fällen sogar erstickt.

Mit Befremden verfolgen wir die auf zu vielen Gebieten stattfindenden Entwicklungen in Deutschland, die nach unserer Überzeugung das Land auf seinem Weg in den sozialen und wirtschaftlichen Niedergang vorantreiben. Der Zeitpunkt für die erforderliche Kurskorrektur, zu dem die Entzugserscheinungen von den Wählern noch hingenommen worden wären, liegt u. E. bereits lange zurück. Ganz abgesehen davon, dass die überwiegende Mehrheit der Wähler die Zeichen der Zeit nicht wahrnehmen will. Wir hoffen, in dieses Land mit seinen vielen ebenso selbstverschuldeten wie vermeidbaren Problemen nicht wieder längerfristig zurückkehren zu müssen. Wir würden uns in Deutschland mit seiner Mehrheit, die diese Politik nachweislich der Wahlergebnisse wünscht, wahrscheinlich nicht mehr zuhause fühlen.

Aufnahmedatum 27/04/2023

Lagen die Schwierigkeiten in Colombo an der Unglückszahl der Sitzreihe?

Lagen die Schwierigkeiten in Colombo an der Unglückszahl der Sitzreihe?

Aufnahmedatum 04/05/2023

Der geschmückte Gopuram des unserem Zimmer gegenüberliegenden Tempels

Der geschmückte Gopuram des unserem Zimmer gegenüberliegenden Tempels

Nachts

Nachts

Aufnahmedatum 06/05/2023

Die Prozession mit der Statue der präsidierenden Gottheit des Tempels wird angeführt von einer lautstarken Trommlergruppe

Die Prozession mit der Statue der präsidierenden Gottheit des Tempels wird angeführt von einer lautstarken Trommlergruppe  Wo?Nach Rechtsklick
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Gläubige können während der Prozession Opfergaben übergeben

Gläubige können während der Prozession Opfergaben übergeben  Wo?Nach Rechtsklick
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Für das Foto griff diese traditionelle Musikergruppe nochmals unaufgefordert zu ihren Instrumenten

Für das Foto griff diese traditionelle Musikergruppe nochmals unaufgefordert zu ihren Instrumenten  Wo?Nach Rechtsklick
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Unterkünfte

09.04.2023 14:14
09.04.2023 14:14
14.04.2023 11:52
14.04.2023 11:52
18.07.2023 00:59
18.07.2023 00:59
19.07.2023 18:46
19.07.2023 18:46