Die heutige Etappe nach Chennai war die vorerst letzte in Indien. Diez hatte noch einen kleinen Aufschub wegen Unwohlseins benötigt und die Auswahl möglicher Unterkünfte in Chennai nahm viel Zeit in Anspruch. Das Preisniveau in Chennai ist höher als auf dem Land und die günstigen Zimmer sind meist zu klein, um die Fahrräder dort mit unterzubringen. Beim Lesen der Rezensionen zu den Zimmern in den Buchungsportalen des Internets ist es ähnlich wie beim Lesen der Beipackzettel von Medikamenten. Berichte über Schmutz, Ungeziefer, trotz Buchungsbestätigungen nicht verfügbarer Räume und Diebstahl lassen fast an jedem Angebot Zweifel aufkommen. Ein paar unangenehme Überraschungen vermeiden wir, indem wir jeweils im Street View-Modus von Google Maps sicherstellen, dass eine Unterkunft tatsächlich dort liegt, wo sie nach Lageplan liegen soll. Zu oft ist das nicht der Fall. Aufgrund der zahlreichen nicht vorab zu beantwortenden Fragen entschieden wir uns, zunächst in Chennai nur eine Unterkunft für fünf Nächte zu reservieren, um bei Bedarf diese Zeit zu nutzen, etwas Besseres zu finden. Dass dort unsere Fahrräder mit auf das Zimmer genommen werden können, habe wir uns vorher per E-Mail bestätigen lassen.
Wie es sich in den letzten Wochen bewährt hatte, brachen wir früh auf. Die erste Hälfte der Strecke konnten wir auf beinahe leeren Straßen zurücklegen. Auf den letzten 15 km vor Chennai war der Verkehr lebhaft und der Highway wird auch hier ausgebaut. Man wird über Service Roads oder kleinere Straßen geführt, die teils in sehr schlechtem Zustand sind, was zusammen mit der hohen Verkehrsdichte und der großstadttypischen aggressiveren Fahrweise wieder erhöhte Konzentration von uns verlangte. Wir waren froh, auch dieses Teilstück unserer Indienreise unbeschadet überstanden zu haben. Unser vorgebuchtes Hotel erreichten wir aufgrund der heute nur kurzen Strecke früh. Wir konnten die 24-Stunden-Regel nutzen, nach der bei Verfügbarkeit des Zimmers bereits vor 12 Uhr eingecheckt werden kann. In diesem Fall hat der Check-out ebenfalls bis zur Uhrzeit des Check-ins zu erfolgen. Unser Hotel liegt in der Nähe des Flughafens, von dem aus wir Ende des Monats ausreisen müssen, um die Auflage unseres Visums zu erfüllen, die – wie bereits beschrieben – eine Ausreise aus Indien alle 90 Tage verlangt.
Dagmar wird am 26. April nach Frankfurt fliegen und bis zum 1. Juni in Deutschland bleiben. Sie wird die Zeit zu einem Wiedersehen mit Diez‘ Verbindungsfreunden in Aachen nutzen und später an einem Treffen ihrer Meisterschulgruppe in Düsseldorf teilnehmen. Selbstverständlich wird sie auch ihre Mutter und Freunde besuchen und ein paar Arzttermine wahrnehmen. Diez kann leider aus versicherungstechnischen Gründen nicht mit nach Deutschland kommen. Er wird seiner Ausreisepflicht mit einem Kurztrip nach Colombo in Sri Lanka nachkommen. Die Zeit der Abwesenheit von Dagmar wird er in Chennai verbringen. Unser jetziges Hotel ist für die lange Zeit, die Diez hier verbringen wird, etwas zu klein. In den nächsten Tagen wollen wir deshalb nach einer geeigneteren Unterkunft suchen.
Wohin es nach Dagmars Rückkehr geht, werden wir von den anschließend zu erwartenden Wetterbedingungen der potentiellen Ziele abhängig machen. In Indien beginnt dann die Regenzeit. Eine Option wäre der Norden von Sri Lanka, wo es hinsichtlich des Niederschlags akzeptabel sein soll. Im Anschluss böte sich wieder Goa an. Unseren letzten Aufenthalt dort haben wir noch in guter Erinnerung. Diez wird die Zeit in Chennai nutzen, um eine Lösung zu suchen.
Wieder hat sich gezeigt, dass wir auf unserer Reise mehr als ein Viertel der Zeit für die Routen- und Reiseplanung, Unterkunftsvorauswahl, Visabeschaffung und Mittelfristplanung aufwenden müssen. Hinzu kommen Arbeiten, die nicht dadurch entfallen sind, dass wir uns im Ausland aufhalten. Das Finanzamt z. B. wartet nicht, bis wir wieder einen Wohnsitz in Deutschland haben.
